Die Malerin Jeanne Bieruma Oosting verbrachte ihre Kindheit auf großen Familiengütern in Lochem und Friesland. Dieses relativ isolierte Leben in engem Kontakt mit der Natur hatte großen Einfluss auf die Themen ihrer Arbeit: die Tiere in ihrem Garten, Landschaften und Dorfansichten aus den Gegenden, in denen sie lebte. Sie malte auch Porträts. Sie beherrschte eine Vielzahl von Techniken und experimentierte frei damit. Ihre Sujets, in denen der Mann mit seinen Ängsten, Träumen und Visionen dominiert, waren für eine Frau ihrer Zeit sehr ungewöhnlich.
Bieruma Oosting wurde in ein aristokratisches Umfeld hineingeboren, in dem eine künstlerische Karriere für ein Mädchen verpönt war. Sie ignorierte die Konventionen ihrer Zeit und verfolgte ihren tiefsten Wunsch, Künstlerin zu werden. In ihrer langen Karriere schuf sie ein umfangreiches Oeuvre, das Ölgemälde, Aquarelle, Grafiken und Arbeiten auf Papier umfasst. Motiviert und leidenschaftlich in ihrer Kunst war sie eine der fortschrittlichen Frauen, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts für ein freies und unabhängiges Leben kämpften. Im Laufe ihres Lebens erlebte sie fast alle Stile und Bewegungen der modernen Kunst des 20. Jahrhunderts, arbeitete jedoch stets figurativ.
Im Alter von sechzehn Jahren erhielt Oosting ihren ersten Malunterricht in Lochem, wohin ihre Eltern aus ihrer Heimatstadt Leeuwarden zogen. Anschließend wird sie vom Deventer-Maler Paul Bodifée betreut. Obwohl ihre Ältesten ernsthafte Einwände gegen eine weitere künstlerische Ausbildung haben, da dies ihre Chancen auf eine Heirat vergeuden würde, setzt Jeanne ihre künstlerischen Pläne fort. Sie schrieb sich an der Kunstgewerbeschule in Haarlem ein und zog dann nach Den Haag, wo sie von Albert Roelofs und Willem van Konijnenburg unterrichtet wurde. Sie nimmt auch an Kursen an der Königlichen Kunstakademie in Den Haag teil. In diesen Jahren trat sie auch dem Pulchri Studio in Den Haag und De Onhoudenen in Amsterdam bei.
Von der Bildhauerin Charlotte van Pallandt ermutigt, reiste Oosting 1929 nach Paris, wo sie elf Jahre verbrachte. Dort nimmt ihre Entwicklung als Mensch und Künstlerin Fahrt auf und ihre Karriere nimmt Fahrt auf. Sie taucht ein ins Nachtleben, lernt die (lesbische) Liebe kennen und findet Freundschaft und Kollegialität im Kreis um Conrad Kickert und Wim Oepts. Bei dem Grafiker Stanley Hayter erlernte sie neue Drucktechniken, mit denen sie sich vor allem mit ihren Skizzenserien weiblicher Akte in Bordellen international einen Namen machte. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs kehrt Jeanne nach Amsterdam zurück. Als ihre Mutter einige Jahre nach dem Krieg starb, konnte sie sich mit einer Erbschaft ein Landhaus in Almen leisten und lebte anschließend abwechselnd in Amsterdam, Almen und Paris. In Almens empfängt sie Freunde wie Adriaan Roland Holst, Charlotte van Pallandt und Kees Verwey. Sie reist auch innerhalb Europas, aber auch in die USA und frischt ihre Kenntnisse der grafischen Techniken regelmäßig in Hayters Atelier in Paris auf.
Bieruma Oosting erhielt große Anerkennung für ihre Arbeit, die meist in einem mehr oder weniger impressionistischen Stil ausgeführt wurde. Ab etwa 1940 veränderte sich ihre Farbigkeit allmählich von dunklen Brauntönen hin zu einer expressionistischen Farbpalette und ihre Leinwände wurden immer bunter und sonniger. Sie malte bis ins hohe Alter und starb im Alter von 96 Jahren in Almen.